Hast du schon mal einen Ikea-Schrank zusammengeschraubt? Dann weißt du wahrscheinlich, dass es in diesem Fall absolut tödlich ist, sich einen Überblick verschaffen zu wollen. Der effektive "schwedische" Weg zum Möbelstück besteht in möglichst hirndumpfem Befolgen der Anleitung.
Fragst du "Warum ist das so?" und lässt deine rechte, die intuitive, kreative, improvisierungswillige Hirnhälfte mitspielen, kommst du in Teufels Küche. Ein solcher Kauf bringt dir vielleicht eine neue Aufbewahrungsmöglichkeit in dein Leben, aber gewiss kein Verständnis für das Prinzip "So geht Schrank bauen" (oder gar Erleuchtung).
Wer beim Tango lediglich linkshirnig schritteorientiert vorgeht - im Sinne von "Jetzt den Fuß 30 cm in einem Winkel von soundsoviel Grad vor den anderen setzen, das Gewicht verlagern, während der Tanzpartner..." - kann mit ganz viel Übung der angesagten Routine (=Schrittfolge) schon etwas Tangoähnliches entwickeln. Mit der Improvisation, also die gemeinsame Bewegung geschmeidig und flexibel in die Musik hineinzuweben, wird's dann allerdings schwierig. Fühlt sich auch nicht schön an.
Auch in der Medizin - speziell in der Pflege - wird der Ausführende mit "strukturprozessorientierten Vorgehensstandards" überschwemmt. So gestalten sich Vorgänge zwar messbar, blöd ist aber, dass die Menschen so verschieden sind und als verlässliche Parameter wegfallen (müssen). Sowohl der Patient als auch die pflegende Person werden in diesem Setting austauschbar. Und ich frage mich, ob wir das wirklich so wollen?
Das individuelle Eingehen auf den Patienten, die verschiedenen Sichtweisen und Handlungsideen auf seine ganz eigenen Probleme und speziellen Bedürfnisse sowie die Anpassung seines Heilungsweges wird so aus der Rechnung einfach hinausdividiert. Stattdessen soll nach festgeklopftem "Standard" gepflegt werden. Ein grundsätzliches Verständnis von Prinzipien und deren Wirkungen geht leider langsam verloren. Zum Beispiel, dass Patienten auch eine Seele haben?
Zugegeben, manchmal sind ganz konkrete Anleitungen sinnvoll. Zum Beipiel in einer Notfallsituation, wenn Emotionen und die Betrachtung von Grundsätzlichem zu zeitraubend wären - oder wie in unserem Beispiel "Ikeaschrank" am Ziel vorbeiführten.
Nun vom Schrank zur Fußschmerzlinderung...
Verstehst du das Prinzip und die Wirkweise, kannst du "dein eigenes Ding bauen" und selbiges dynamisch-flexibel an deine Bedürfnisse sowie die Situation anpassen.
Selber denken und schauen, was speziell DIR gut tut, wird immer wichtiger. Aus diesem Grund nenne ich dir in der "Ballito-Bastelstube" keine konkreten Grammangaben oder Ähnliches. Auch im in meinem Buch "Das Konzept Fuß" stelle ich dir einzelne Module vor, die du nach Belieben zusammenfügen kannst.
Die Art der Massageball-Befüllung sowie die ungefähren Mengenangaben möchten lediglich Vorschläge sein. Verwende ruhig etwas anderes, was dir passender erscheint oder du in deinem Küchenschrank oder im Garten findest. Du darfst die Ballitos natürlich gerne umbennen ;) Keine Hemmungen! Experimentiere! Improvisiere! Der fast zu vernachlässigende Preis von Damenfeinsöckchen und des möglichen Inhalts der Ballitos rechtfertigt zahlreiche Versuche.
(Tausend Dank an die Musikerinnen vom Duo Tango Varieté (Karin Law Robinson-Riedl und Bettina Kollmannsberger) für die "Filmmusik"! Die beiden wundervollen Damen sind für musikalische Einsätze buchbar.)
Anwendungsbeispiele: im Schuhbeutel mit zur Milonga nehmen für postmilongische Fußverwöhnung, unter dem Wohnzimmertisch beim Fernsehen drauf herumkrabbeln, schreibtischsitzend zehisch hineingreifen... Oder du nutzt dieses Dings als Wutball ;)
Das "Kostet-fast-nix"-Argument lege ich auch meinen Therapeuten-Kollegen an's Herz. So kannst du einfach und schnell für jeden Patienten sein eigenes Therapeutenspielzeug herstellen. Das ist hygienisch und persönlich.
Die Ballitos eignen sich auch ausgezeichnet zur Arbeit mit den Händen, z.B. für sensomotorische Greifübungen oder zur Handlagerung. Routinierten Bastelexperten - wie in Ergotherapiekreisen oft vertreten - fallen bestimmt noch zahlreiche Einsatzmöglichkeiten und bauliche Adaptionen ein.
Anmerkung nebenbei: Auch selbst entwickelte "Experimente" beim Tango kosten nix. Kein Blitz wird vom Himmel fahren, wenn du eine gelernte Schrittfolge einfach abwandelst! Wünsche fröhliche Bastelungen, wo auch immer!
Herzliche Grüße!
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